Humor

Humor und Lachen in der Systemischen Praxis
Humor ist, wenn man trotzdem lacht.
Otto Julius Bierbaum


Wie haben Sie reagiert,
als Sie das Foto links gerade gesehen haben?
Vielleicht haben Sie geschmunzelt ...

Blättern Sie die Bilder einfach einmal durch
und achten Sie auf Ihre spontane Reaktion ...

Und jetzt denken Sie an ein 'Problem',
das Sie zur Zeit beschäftigt.
Schauen sich die Bilder erneut an ...

Was oder wie sind Ihre Assoziationen
und Gedanken, die sich einstellen?

Frank Farrelly:
Humorvolle Pro-Vokation in der Therapie

Humor: eine Heraus-Einladung (Pro-Vokation) aus dem Gewohnten
  • Humor - Auslöser und Ausdrucksformen

    Die Auslöser des Humors sind ebenso vielfältig wie seine Ausdrucksformen.

    Witze, lustige Cartoons oder Fotos, Karrikaturen, Satiren, Humoresken, Kommödien und Parodien, paradoxe Wendungen, überraschende Kontextwechsel oder Übertreibungen können u.a. Auslöser von Humor sein.

    Die Reaktionen des Humors reichen von leichtem Schmunzeln bis hin zu schallendem Lachen. Ludwig Börne hat in einer Denkrede auf Jean Paul geschrieben: "Der Humor ist keine Gabe des Geistes, er ist eine Gabe des Herzens." Humor wird nicht gedacht, sondern körperlich erlebt.

    Und: Humor ist eine Ressource des Menschen, eine Begabung, die auch verschüttet sein kann. Es gibt "Menschen, die zum Lachen in den Keller gehen" und es kann Freude machen, solchen Menschen ihre Humor-Begabung wieder zugänglich zu machen.

    Humorfähigkeit lässt sich trainieren!

  • Humor - Missverständnisse

    Hier gilt es aber auch, einem Missverständnis entgegen zu treten, das Arthur Schnitzler in seinen "Zurückgelegten Sprüchen" so formuliert hat: "Ein ernster Mensch sein und keinen Humor haben, das ist zweierlei." Humor ist eine ernsthafte Sache!


    Wichtig ist auch, dass guter Humor niemals beschämend auf Kosten anderer geschieht. Guter Humor ist niemals unpassend, verletzend oder beleidigend. Lachen, das vom Gefühl der Überlegenheit begleitet (Superioritätstheorie des Witzes) zum beschämenden Auslachen wird, gibt es zwar auch, ist hier aber dezidiert nicht gemeint! Baudelaire nennt es "satanisch" und es zeigt, dass eine gute Sache oft zwei Seiten hat. Arist von Schlippe spricht von "the dark side of jokes".


    Guter Humor führt vielmehr aus einer Problem-Physiologie in eine Ressourcen-Physiologie (NLP), aus einer Problem-Trance in eine Lösungs-Trance (Hypnotherapie).

  • Humor - in Therapie und Beratung

    In Therapie und Beratung kann der Humor einbezogen werden, um durch überraschende Perspektivenwechsel - immer ein wenig pro-vokativ - die 'Trotzmacht des Geistes' (Viktor Frankl) zu wecken.

    Eingeschliffene emotionale und kognitive Muster werden durchbrochen um Fenster für Neues und Unerwartetes zu öffnen.

    Gerhard Uhlenbruck, ein Kölner Mediziner und Aphoristiker, bemerkt: "Humor haben nicht selten die Menschen, die eigentlich nichts zu lachen haben." und "Humor ist oft ein Kind von Traurigkeit."

  • Gelotologie - Lachen ist die beste Medizin

    Homo ridens

    Der griechische Philosoph Aristoteles hat den Begriff "homo ridens" (lachender Mensch) geprägt und Lachen und Humor für eine spezifische Eigenart des Menschen, ein sogen. "proprium" gehalten. Der niederländische Kulturhistoriker Johann Huizinga, den den Begriff des "homo ludens" (spielender Mensch) geprägt hat, geht davon aus, dass der Mensch das Spielerische mit den Tieren gemeinsam hat, während das Lachen dem Menschen vorbehalten sei: "Das aristotelische homo ridens bezeichnet den menschen im Gegensatz zum Tier fast noch reiner als das homo sapiens."


    Gelotologie

    Die Gelotologie (von griech. γέλως gélōs „Lachen“, Genitiv γέλωτος gélōtos) wurde von dem amerikanischen Psychiater William F. Frey begründet und ist die Wissenschaft vom Lachen.

    Aus dem deutschen Sprachraum möchte ich hier beispielhaft nur zwei Namen nennen:

    Den Psychotherapeuten Michael Titze, der sich - in enger Zusammenarbeit mit Frey - mit der Gelotologie und dem 'Therapeutischen Humor' beschäftigt und mehrere lesenswerte Bücher dazu geschrieben hat.

    Auch die Psychiaterin Barbara Wild erforscht die therapeutischen Effekte des Humors und hat einen Sammelband zum Thema "Humor in Psychiatrie und Psychotherapie" (Stuttgart 2016, Schattauer) herausgegeben.

    Aus philosophischer Sicht hat Manfred Geier in seinem Buch "Worüber kluge Menschen lachen" eine "kleine Philosophie des Humors" (Hamburg 2006, Rowohlt) verfasst.


    Gelotophobie

    Lachen wirkt ansteckend, macht glücklich und ist dem Volksmund zufolge sogar die beste Medizin.

    Es gibt jedoch auch eine Schattenseite: Lachen kann andere auch ausgrenzen, abwerten und wie eine Waffe mobbinghaft gegen Einzelne verächtlich missbraucht werden. Solche Erfahrungen führen nicht selten zur sogen. Gelotophobie.


    Michael Titze schreibt in seinem Buch "Lachen zwischen Freude und Scham":

    "Die Gelotophobie kann als eine spezifische Variante der Scham-Angst betrachtet werden. Sie ist als die pathologische Angst definiert, für die Anderen ein Objekt spöttischen Lachens zu sein. Diese Angst lässt sich auf intensive und wiederholte Erlebnisse mit herabsetzenden Formen des Lachens zurückführen, die im Laufe der Sozialisation stattfanden. Gelotophobiker leben in der ständigen Angst, von den Anderen auf Anzeichen von Lächerlichkeit hin bewertet zu werden. Deshalb vermeiden sie sorgfältig solche Lebenssituationen, in denen sie von den Anderen negativ beurteilt und bloßgestellt werden könnten. Dabei werden jegliche Äußerungen von Heiterkeit generell negativ bewertet - unabhängig vom eigentlichen Motiv des betreffenden Individuums."


    Lachen, ob im Alltag oder im therapeutisch-beraterischen Kontext, darf niemals zum demütigenden Auslachen eines Menschen werden, zum 'kata-gelos" (=verächtliches Lachen). Immer sollte mit Klient*innen gemeinsam über etwas gelacht werden!


    Link zum Artikel von Michael Titze 

  • Spiegelneurone - Lachen ist ansteckend

    Lachen ist ansteckend!

    Wie ansteckend, zeigte 1962 die rätselhafte Lachepidemie in Tangajika (heute Teil von Tansania). Lachanfällen, die mehrere Monate andauerte und etwa 1000 meist junge Personen betraf. Das Phänomen zeigte alle Symptome einer Massenhysterie.


    Bei Vorträgen, in die der Referent eine gute, witzige Bemerkung einfließen lässt, habe ich oft beobachtet, dass sich die Zuhörer nach vorne beugen und zu ihren Nachbarn schauen - als wollten sie sich versichern, dass sie nicht alleine, sondern zusmmen mit den anderen lachen.

    Humor stiftet Gemeinsamkeit!


    Neurophysiologisch geht man davon aus, dass Lachen deshalb so ansteckend wirkt, weil die Spiegelneurone des Menschen im Präfontalen Cortex allein durch die Beobachtung z.B. einer Bewegung anderer Menschen aktiviert werden und so die Bewegung auf nervlicher Ebene widerspiegeln.

    Es lässt sich im EEG nachweisen, dass Menschen schon kleinste, kaum bewusst wahrnehmbare Bewegungen der Gesichtsmukulatur (Mikromimiken) blitzschnell kopieren. Die Mimik des Gegenübers ist dabei viel effektiver als z.B. der Inhalt eines Witzes. Das Lachen anderer ist der effektivste Auslöser für Lachen!


    Das funktioniert schon beim Anschauen von Videos. Probieren Sie es weiter unten nach der kleinen Literaturauswahl!


Wer mehr lesen und auch lachen möchte: Hier eine kleine Literaturauswahl:

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